Vorbereitungen auf die UEFA EURO 2024 der Männer in NRW
Datum11.06.2024
Die UEFA EURO 2024 der Männer ist in diesem Jahr ohne Zweifel die größte planbare Einsatzlage für die deutschen Polizeien, Feuerwehren und Rettungsdienste. Allein vier der zehn Austragungsorte liegen in NRW. Darüber hinaus dient das International Police Cooperation Center (IPCC) in Neuss als bundesweites Lagezentrum für die Europameisterschaft. Seit geraumer Zeit arbeiten die Funknetzplaner der Autorisierte Stelle NRW im Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste NRW (LZPD) daran, die Kapazitäten des BOS-Digitalfunknetzes noch einmal zu prüfen und bei Bedarf weiter zu optimieren.
Ein neues Sommermärchen?
Vom 14. Juni bis zum 14. Juli hat die Fußball-Europameisterschaft 2024 der Männer das Potenzial, Deutschland nach der WM 2006 ein weiteres Sommermärchen zu bescheren. Das Endspieldatum, der 14. Juli, weckt in manch einem dennoch unschöne Erinnerungen. Die Hochwasserkatastrophe im Westen Deutschlands jährt sich genau an diesem Datum zum dritten Mal. „Ich neige nicht dazu, den Teufel an die Wand zu malen“, sagt Ulrike Nickel, Leiterin der Autorisierten Stelle NRW (AS NRW). „Aber wir müssen bei all unseren Planungen immer auch solche Eventualitäten im Hinterkopf haben.“ Das bedeutet: Vorbereitung auf die Großlage Fußball-EM und potenziell unvorhersehbare, zusätzliche Ereignisse. Dabei ist der Digitalfunk in NRW gerade durch die Bewältigung der Extremwetterlage 2021 noch resilienter geworden. „Wir haben die damalige Krise sorgfältig ausgewertet und unsere Schlüsse gezogen“, betont Ulrike Nickel. Und nicht zuletzt sehr viel Geld in die Hand genommen, um das Netz noch robuster zu machen.
Inzwischen ist zum Beispiel nahezu das gesamte BOS-Digitalfunknetz in NRW mit Notstromaggregaten gegen einen potenziellen Stromausfall gehärtet. Dass ein Stromausfall die Funkkommunikation während der Europameisterschaft beeinträchtigen könnte, ist demnach äußerst unwahrscheinlich. Das Augenmerk der Fachleute richtet sich daher auf Funkkapazität und Netzabdeckung.
BOS-Digitalfunknetz in NRW ist grundsätzlich sehr belastbar
„Wir haben Bundesliga-Derbys, wir haben Karnevalsveranstaltungen, wir haben Großdemonstrationen“, zählt Sebastian Aßhoff, Chef der Funknetzplaner in der AS NRW, auf. „Aus technischer Sicht bringt bisher nichts davon das BOS-Digitalfunknetz an seine Grenze, warum sollte das bei der Europameisterschaft anders sein?“ Dennoch wird mit viel Aufwand an der weiteren Optimierung des Netzes gearbeitet, um während dieser Großveranstaltung auf möglichst alles vorbereitet zu sein.
Nach Prognosen des europäischen Fußballverbandes UEFA werden im Sommer etwa 2,5 Millionen Fußballfans aus dem In- und Ausland in Deutschland erwartet, darunter möglicherweise auch Hooligans und andere Gruppen, die als gewalttätig bekannt und berüchtigt sind. Stadien, Public-Viewing-Standorte, Bahnhöfe, Flughäfen, U-Bahnhöfe – all das können Stätten ausgelassener Fußballfreude sein, aber auch potenzieller Ausschreitungen.
Wo halten sich zu welchem Zeitpunkt die meisten Fans auf? Diese Frage beschäftigt seit Monaten die Einsatzplaner in den Polizeibehörden – und eben auch die Funknetzplaner der Autorisierten Stelle NRW. Denn wo sich viele Fans aufhalten, werden viele Einsatzkräfte zur Sicherung benötigt. Und wo viele Einsatzkräfte agieren, müssen die Kapazitäten des Digitalfunks BOS ausreichen, um eine Kommunikation ohne den ungeliebten Warteschlangenbetrieb zu gewährleisten. Funkdisziplin ist das eine, ausreichende Netzkapazitäten sind das andere, um eine gute Funkkommunikation sicherzustellen.
Brennpunkte im Visier der Funknetzplaner
Nach Bewertung der Autorisierten Stelle NRW werden die Funkkapazitäten ausreichen. „Über die Stadien mache ich mir eigentlich weniger Gedanken“, sagt Sebastian Aßhoff. In NRW sind dies die Arenen in Dortmund, Gelsenkirchen, Düsseldorf und Köln. „Hier finden praktisch jede Woche Bundesligaspiele statt, teilweise auch Lokalderbys mit Fangruppen, bei denen es schon mal zur Sache geht. Die Funkkapazitäten in den Stadien sind erprobt und ausreichend.“ Dennoch wurden vorbeugend die Funkzellenkapazitäten an allen Stadien auf den maximalen Ausbauzustand erhöht sowie ein weiterer Organisationskanal integriert. „Wir können nun auf Reserven zurückgreifen, für alle Fälle.“
Herausforderung bei der Beurteilung der Sicherheitslage
Eine besondere Herausforderung für die Planer lag in der späten Auslosung der Vorrundengruppen durch die UEFA am 2. Dezember 2023. „Lange war nicht klar, welche Teams an welchem Ort spielen“, sagt Aßhoff. Für die Beurteilung der Sicherheitslage ist diese Frage aber von Bedeutung, da die Fans einiger Mannschaften als gewaltbereiter gelten als andere. Potenziell gewaltbereite Fans an einem Ort bedeuten mehr Einsatzkräfte – und zwar nicht nur im Stadion, sondern auf allen Hin- und Rückwegen, in Bahnhöfen, an Public-Viewing-Standorten und auf Fan-Meilen, ja sogar in und rund um die Hotels, in denen die Fans oder die Mannschaften untergebracht sind.
„Wir brauchen natürlich etwas Zeit, um zu prüfen, wie die Funkversorgungs- und Netzkapazitäten an diesen Orten sind“, erklärt Sebastian Aßhoff. „Stellt sich dabei heraus, dass wir dort die Kapazitäten erweitern müssen, brauchen wir auch für diese Maßnahmen Zeit, da diese bei der Bundesanstalt für den Digitalfunk BOS beauftragt und initiiert werden müssen.“ Der neue Funkmessbus der AS NRW hat also in den vergangenen Wochen viele Kilometer zurückgelegt, um auf Wunsch der Kreispolizeibehörden potenzielle Einsatzschwerpunkte, aber auch selbst identifizierte Orte noch einmal auf ihre Versorgungsgüte hin zu prüfen.
Netzverbesserungen im Umfeld der Spielorte und in Neuss
Das BOS-Digitalfunknetz in NRW gilt nach Jahren der Optimierung als belastbar und resilient. Mit Blick auf die Fußball-Europameisterschaft wurden – teilweise schon vor geraumer Zeit – fünf Netzänderungsmaßnahmen zur Erhöhung der Funkkapazität angeschoben und priorisiert umgesetzt. Das betrifft neben den Spielorten Dortmund, Düsseldorf, Gelsenkirchen und Köln auch die Stadt Neuss.
Denn in Neuss wird das International Police Cooperation Center (IPCC) im Bildungszentrum des Landesamtes für Aus- und Fortbildung der Polizei (LAFP) NRW eingerichtet. Hier werden alle turnierbezogenen und sicherheitsrelevanten Informationen gebündelt, aufbereitet und weitergeleitet. Das IPCC wird von der Polizei NRW geführt, es kommen jedoch auch Beamtinnen und Beamte aus anderen Bundesländern, von der Bundespolizei sowie aus internationalen Partnerstaaten zum Einsatz. Um unter anderem das IPCC mit einer noch besseren Netzabdeckung zu versorgen, wurde im Dezember 2023 eine bereits länger geplante zusätzliche Basisstation in Betrieb genommen.
Einsatz mobiler Basisstationen
Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels ist im Hinblick auf die EM-Anforderungen der Spielortbehörden der zusätzliche Einsatz von mobilen Basisstationen eine Option, die geprüft wird. Zum einen müssen bau- und anbindungstechnische Rahmenbedingungen geklärt werden. Zum anderen muss der Einsatz dieser Ressource im Hinblick auf potenziell mögliche zusätzliche Einsatzbedarfe – neben der UEFA EURO 2024 der Männer – sorgsam abgewogen werden. Die Autorisierte Stelle NRW ist an der bundesweiten Abstimmung und Koordination der mobilen Basisstationen und sonstiger mobiler Technik im Rahmen der Europameisterschaft beteiligt. „Wir wollen auf alles vorbereitet sein“, sagt Sebastian Aßhoff.
Objektversorgung: Funken in Flughäfen und Bahnhöfen
Eine wesentliche Bedeutung für das Funken in Gebäuden kommt den Objektversorgungsanlagen zu. Das gilt insbesondere für die U-Bahnhöfe, Bahnhöfe und Flughäfen. Denn wo viele Menschen mit öffentlichen Verkehrsmitteln an- und abreisen, muss auch die Inhouse-Funkversorgung ausreichen.
In sämtlichen U-Bahnen in NRW sind bereits seit längerer Zeit Objektversorgungsanlagen in Betrieb. Der Digitalfunk BOS ist hier somit verfügbar. Ähnlich gut sieht die Situation bei den Flughäfen des Landes aus.
Bei den Bahnhöfen ist die Versorgung aus Sicht der Autorisierten Stelle NRW ausreichend. Einige Baustellen sind kurz vor der Fertigstellung. Die Verantwortung für die Bahnhöfe liegt bei der Deutschen Bahn AG. „Die AS NRW wird die Nutzer über die Taktisch-Technische Betriebsstellen (TBB) nochmals über die genaue Versorgung vor Ort informieren und Hinweise zur optimalen Funknutzung geben“, betont Sebastian Aßhoff.
Rufbereitschaft der Funknetzplaner
Während der Europameisterschaft werden die Funknetzplaner der Autorisierten Stelle in 24/7-Rufbereitschaft sein, um bei Bedarf Entstörungen oder Optimierungen vorzunehmen. „Man muss ja nicht immer gleich von einer Großschadenslage ausgehen, aber Digitalfunk ist Technik und Technik kann auch mal kaputt gehen“, sagt Sebastian Aßhoff. „Auf solche Fälle sind wir vorbereitet.“
EM 2024 – funktechnische Bewertung
Vor der EM 2024
Überprüfung der aktuellen und geplanten Funkversorgung
Überprüfung der Netzkapazität (Gesprächsaufkommen je Basisstation)
Bewertung der Verkehrsauslastung (Signalisierung und Zugangsnetz)
Initiierung von Maßnahmen (Netzänderungsmaßnahmen, Objektversorgung, Kapazitätserweiterung, Signalisierung, zusätzlicher Organisationskanal)
Während der EM 2024
bundesweiter Funkschutz – keine Auf- und Umbaumaßnahmen im Netz
24/7-Überwachung der Netzkapazitäten und Netzauslastung
Monitoring der evtl. eingesetzten mobilen Basisstationen
sofortige Prüfung bei Funknetzproblem durch den Funkmessdienst
Einsatzplanung und Vorhalten von mobilen Basisstationen zur Ausfallkompensation
Einsatzbereitschaft der Funknetzplanung (für den potenziellen Einsatz von mobilen Basisstationen)
Rufgruppenverteilung und Zuweisung durch das Control Center Digitalfunk NRW (CCD) (Das CCD, angesiedelt bei der AS NRW, überwacht rund um die Uhr das gesamte BOS-Digitalfunknetz in NRW.)
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