Erfolgreiche Bund-Länder-Kooperation während der Fußball-Europameisterschaft der Herren
Datum06.12.2024
Die letzte Sommerausgabe des „Wellenreiter“-Magazins berichtete mit einem Beitrag aus Nordrhein-Westfalen über die Vorbereitungen auf eines der größten Sportereignisse der letzten Jahre – die UEFA Fußball-Europameisterschaft 2024. Am 14. Juni wurde das erste Spiel angepfiffen, und Deutschland tauchte als Gastgeberland in ein buntes Treiben voller Stadien, ausgelassener Fanmeilen und internationaler Fußballkultur. Die deutsche Mannschaft musste sich im Viertelfinale geschlagen geben, der Pokal ging nach Spanien, die Fußballmeisterschaft war beendet. Zeit für die Manöverkritik. Nicht nur für die Trainer und Spieler, sondern auch für die vielen Beteiligten, die das Event überhaupt erst ermöglicht haben.
Die UEFA Europameisterschaft der Herren im Sommer 2024 war die bisher zeitlich längste Lage, der sich die deutschen Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben gegenübersahen. Vom 14. Juni bis 14. Juli 2024 fanden insgesamt 51 Fußballspiele der UEFA EURO 2024 der Herren an zehn Spielstätten im Bundesgebiet statt. Unter den gastgebenden Bundesländern stach Nordrhein-Westfalen mit insgesamt vier Stadien in Köln, Gelsenkirchen, Dortmund und Düsseldorf heraus, während in Berlin, Hamburg, Hessen, Bayern, Sachsen und Baden-Württemberg jeweils eine Spielstätte genutzt wurde. Hinzu kamen jedoch die zahlreichen Fanmeilen quer durch die Bundesrepublik, die ein Vielfaches an Publikum der insgesamt 2,7 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer in den Stadien anzog sowie die Team-Base-Camps der Nationalmannschaften, die bundesweit zusätzlich hohe Schutzmaßnahmen erforderten.
Um die Sicherheit der vielen Großveranstaltungen bundesweit zu gewährleisten, musste die Kommunikation der Einsatzkräfte zu jeder Zeit sichergestellt sein – eine enorme Verantwortung für die BDBOS als für den Digitalfunk BOS zuständige Bundesbehörde und ihre Partnerinnen und Partner in den beteiligten Ländern. Die Autorisierten Stellen aus Bayern, Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen sowie die BDBOS selbst geben einen Einblick in ihre Manöverkritik. Lesen Sie auf den folgenden Seiten über Besondere Aufbauorganisationen, maximale Ausbaustufen und mobile Netzersatzanlagen, über Starkregenfälle, Systemausfälle und Störquellen, über mobile Mastsysteme, zusätzliche Organisationskanäle und kurzfristige Kapazitätserweiterungen.
NRW liefert den Digitalfunk BOS – an vier von zehn Spielorten, bei 20 von 51 Spielen
Autor: Olaf Peters, AS NRW
„Wir haben es gerockt“, so Ulrike Nickel hochzufrieden. Die Leiterin der Autorisierten Stelle (AS) NRW zieht eine positive Bilanz aus der Lagebewältigung während der UEFA EURO 2024. Mit Düsseldorf, Dortmund, Gelsenkirchen und Köln lagen vier von zehn Spielorten in Nordrhein-Westfalen. 20 der insgesamt 51 Spiele wurden in dem Bundesland ausgetragen. Doch damit nicht genug: Während der Europameisterschaft musste zusätzlich der AfD-Parteitag (28. bis 30. Juni) mitten im Ruhrgebiet in der Essener Grugahalle bewältigt werden. Allein hier waren 4.000 Polizeikräfte im Einsatz. Die Zahl der während der gesamten UEFA EURO 2024 in NRW tätigen Kräfte von Polizei, Bundespolizei, THW, Feuerwehren, Rettungsdiensten und Hilfsorganisationen dürfte im hohen fünfstelligen Bereich liegen.
Erweiterung der Funkversorgung
Herbert Reul, Innenminister von Nordrhein-Westfalen, zog nach der EM gegenüber der Presse eine positive Bilanz: „Die Maßnahmen und Konzepte, die wir uns in den zurückliegenden Jahren kleinlich überlegt haben, waren genau das, was eine Europameisterschaft im Jahr 2024 gebraucht hat.“ Dies trifft insbesondere auf den Digitalfunk BOS und die Autorisierte Stelle NRW zu, bei der die Vorbereitungen auf die UEFA EURO 2024 bereits zwei Jahre zuvor begonnen hatten. „Wir haben uns im Prinzip Monat für Monat, Woche für Woche alle potenziellen Einsatzschwerpunkte in Absprache mit den Behörden vor Ort angesehen und dort die Funkversorgung im Detail nochmals überprüft“, beschreibt Ulrike Nickel das Vorgehen. Wo immer es noch möglich war, wurde die Funkversorgung auf maximale Ausbaustufe erweitert. „Wir wollten damit einfach zusätzliche Reserven schaffen, um auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein“, so die AS-Leiterin.
Einrichtung einer Besonderen Aufbauorganisation
Parallel dazu wurde eine eigene Organisationsstruktur aufgebaut, um für potenzielle Notfälle gewappnet zu sein. Die AS NRW ist als Abteilung 5 Teil des Landesamtes für Zentrale Polizeiliche Dienste (LZPD) NRW. Unter anderem unterstützt das LZPD NRW alle 47 Kreispolizeibehörden in NRW mit Technik, Infrastruktur, Logistik und Kräftekoordinierung. Als Landesoberbehörde hatte das LZPD NRW zur EM die Besondere Aufbauorganisation (BAO) LZPD NRW EURO 2024 ins Leben gerufen, um die Lage zu beobachten und gegebenenfalls Kräfte und Einsätze zu koordinieren.
Innerhalb dieser BAO LZPD NRW EURO 2024 gab es den Einsatzabschnitt 5 (Kommunikation und Netzinfrastruktur). „Dieser Einsatzabschnitt entsprach im Wesentlichen der Organisationsform, die wir für einen Notfall im Bereich des Digitalfunks BOS vorgesehen haben“, erklärt Ulrike Nickel. Der Notfallstab Digitalfunk BOS NRW agierte demnach als Einsatzabschnitt 5, eingegliedert in die Behörden-BAO. „Für uns als Autorisierte Stelle NRW war das auch ein Test unter Realbedingungen, um die Leistungsfähigkeit unserer eigenen Notfallorganisation im Digitalfunk zu prüfen.“
Mit dem Ergebnis ist die Leiterin der Autorisierte Stelle mehr als zufrieden. „Läuft!“ titelte ein interner Newsletter, der während der UEFA EURO 2024 an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Abteilung 5 herausgeben wurde. Und das war keineswegs übertrieben. „Das eingeführte Schichtmodell und die Rufbereitschaft außerhalb der normalen Dienstzeiten haben sich bewährt.“ Zwar hatte der Einsatzabschnitt 5 während der EM durchaus einiges zu tun – die häufigen Starkregenfälle wirkten sich zum Beispiel punktuell auf die Funkversorgung aus. Allerdings: „Draußen im Feld hat davon kaum jemand etwas mitbekommen.“
„Unsere Polizei hat geliefert!“, bekräftigte NRW-Innenminister Herbert Reul in seiner Bilanz zur UEFA EURO 2024. Und Ulrike Nickel ergänzt: „Der Digitalfunk BOS auch!“
Systemausfall im Achtelfinale – Bayern hat alles im Griff
Autor: AS Bayern
Im Rahmen der Fußball-Europameisterschaft der Männer konnten sich die Einsatzkräfte der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) durchweg auf eine zuverlässige und stabile Einsatzkommunikation über den Digitalfunk BOS im Freistaat Bayern verlassen.
Nach dem Eröffnungsspiel am 14.06.2024 zwischen Schottland und dem Gastgeber Deutschland diente die Allianz Arena in München als Austragungsstätte für insgesamt sechs Begegnungen. Im Fokus der Einsatzlage stand aber nicht nur die Allianz Arena – auch zahlreiche Public-Viewing-Orte sowie die Trainingsstätten verschiedener Nationalmannschaften galt es von Seiten der Einsatzkräfte im Freistaat zu betreuen.
Maßnahmen für eine störungsfreie Funkkommunikation
Um die erhöhten Anforderungen an die einsatzkritische Kommunikation von Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst, Katastrophenschutz und weiteren Einsatzkräften über den Digitalfunk BOS sicherzustellen, hatte die AS Bayern bereits weit im Vorfeld der Europameisterschaft alle erforderlichen technisch-betrieblichen Maßnahmen für einen sicheren und störungsfreien Betrieb des Digitalfunks BOS ergriffen.
Während der Europameisterschaft bildete die AS Bayern eine eigene Besondere Aufbauorganisation (BAO), um im Fall von eventuell auftretenden Störungen und Servicebeeinträchtigungen noch schneller und umfänglicher reagieren zu können. In diesem Zusammenhang wurden zusätzliche mobile Netzersatzanlagen vor Ort bereitgehalten, alle relevanten Basisstationen im Einsatzraum kontinuierlich gemonitort, Verbindungsbeamte zu den einsatzführenden BOS in München (Branddirektion München, Polizeipräsidium München) eingesetzt und der Funkmessdienst der AS Bayern mit dem Mess- und Peilfahrzeug zur Detektion etwaiger Funkstörungen im Einsatzraum vorgehalten.
Gemeinsamer Einsatz mit der Bundesnetzagentur
Einen nicht ganz alltäglichen Einsatz des Mess- und Peilfahrzeuges hatte die AS Bayern schließlich im Laufe der Europameisterschaft zu verzeichnen. Auslöser hierfür war eine Mitteilung, nach der es während diverser Spielbegegnungen in der Allianz Arena bereits vermehrt zu Beeinträchtigungen der Funksignale im eigenen TETRA-Netz des Veranstalters UEFA und einmalig während eines Achtelfinalspiels gar zu einem Komplettausfall des Systems gekommen war. Die UEFA wähnte den Digitalfunk BOS als mögliche Störquelle, zumal sich in der Allianz Arena eine Basisstation des Digitalfunks BOS befand. Dieser „Verdacht“ konnte jedoch schnell ausgeräumt und als Ursache der Störung ein fehlerhaftes Bildübertragungssystem der UEFA identifiziert werden, welches bei der Übertragung von Videosequenzen mit Hubschraubern, z. B. bei der Anfahrt der Mannschaftsbusse, zum Einsatz kommt. Dabei wurde der Funkmessdienst der AS Bayern u. a. von der Bundesnetzagentur unterstützt, die auch der UEFA bei der anschließenden Entstörung zur Seite stand.
Im Ergebnis zeigte sich, dass sämtliche im Vorfeld und während des Einsatzes getroffenen Maßnahmen zielführend waren und der Digitalfunk BOS trotz der außergewöhnlichen Lage, die an sich schon eine besondere Herausforderung darstellte, im gesamten Einsatzverlauf als stabiles und verlässliches Kommunikationsmittel für alle Einsatzkräfte zur Verfügung stand.
Hoher Bedarf an Rufgruppen – Hessen erhöht die Frequenz
Autor: AS Hessen
Im Zuge der Fußball-Europameisterschaft 2024 fanden in Frankfurt am Main zwischen dem 17. Juni und dem 1. Juli fünf Spiele statt, darunter eine so genannte Risikobegegnung, also ein Spiel, bei dem aufgrund allgemeiner Erfahrung oder aktueller Erkenntnisse die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass eine besondere Gefahrenlage eintritt. In Vorbereitung auf diese Einsätze hatte die Autorisierte Stelle (AS) Hessen bereits mehr als ein Jahr zuvor Kontakt mit dem Polizei-Vorbereitungsstab im Polizeipräsidium Frankfurt am Main sowie der Branddirektion Frankfurt am Main aufgenommen, um Kommunikationsbedarfe und mögliche Herausforderungen für diese Lage abzustimmen.
Erweiterung von Funkkapazitäten
Neben dem Stadion Deutsche Bank Park, das während der EM die Bezeichnung „Arena Frankfurt“ trug, bildeten die Fan-Zone am Frankfurter Mainufer und die Messe als Hauptversorgungsstützpunkt der Polizei Einsatzschwerpunkte, deren Funkversorgung zu gewährleisten war. Die Verfügbarkeit des Digitalfunks BOS an sich wurde nicht ernsthaft als Herausforderung angesehen, jedoch die zur Verfügung stehenden Kapazitäten der einzelnen Basisstationen. Insgesamt rechnete man mit mehreren tausend Einsatzkräften, mit denen ein entsprechend hoher Bedarf an Rufgruppen einhergehen würde.
Daher entschloss sich die AS Hessen, die Kapazität von sieben TETRA-Basisstationen (TBS) mit insgesamt 16 TETRA-Transmittern/-Receivern (TTRX) zu erweitern. Aufgrund der bis zuletzt unklaren Kräftelage am Versorgungsstützpunkt Messe entstand sehr spontan – nur drei Tage vor EM-Beginn – der Bedarf, die Kapazität der Basisstation zur Objektversorgung (OV) der Messe Frankfurt zu erhöhen. Üblicherweise werden für einen solchen Prozess mehrere Monate veranschlagt. Nach intensivem Austausch mit der BDBOS konnte die Maßnahme allerdings kurzfristig freigegeben werden.
Die Tetra Transmitter Receiver Unit (TTRX) ist eine Baugruppe in der TETRA-Basisstation (TBS), die Sender und Empfänger beinhaltet. Eine TTRX kann um Träger erweitert werden, was wiederum die Sendeleistung und die Gesprächskapazitäten der TBS erhöht, sodass mehr Funksprüche gleichzeitig stattfinden können.
Umwidmung einer TB3
Nun galt es allerdings, eine weitere Herausforderung zu meistern: Die besagte Basisstation war für die Aufnahme zweier zusätzlicher TTRX baulich nicht ausgelegt. Es bestand der Bedarf eines weiteren Technikschranks inklusive entsprechender Ausstattung. Um die fehlenden Komponenten noch rechtzeitig zu erhalten, wurden Teile einer bereits für einen anderen TBS-Standort auf Lager befindlichen Basisstation auf den Standort Messe Frankfurt umgebucht. Somit konnte ein zusätzlicher Technikschrank mit zwei TTRX für den Standort Messe verwendet werden. Bei der Installation selbst unterstützte die AS Hessen tatkräftig, und so funkte pünktlich zum EM-Start die OV-Basisstation der Messe mit sechs TTRX.
Auch die Objektfunkanlage zur Versorgung des Stadions und der S-Bahn-Station „Gateway Gardens“ in Stadionnähe konnte rechtzeitig vor Einsatzbeginn in Betrieb genommen werden. Um möglichen Überlastungssituationen angesichts der umfangreichen Kapazitätserweiterungen entgegenzuwirken, gab es zudem strikte Vorgaben an die hessischen BOS bezüglich ihrer Rufgruppenplanung.
Mobile Netzersatzanlagen
Auch auf mögliche Ausfallszenarios bereitete sich die AS Hessen vor. Bei einem Stromausfall hätten die in jeder Basisstation verbauten USV-Einrichtungen die Versorgung über mehrere Stunden aufrechterhalten können. Zusätzlich ist ein Großteil der Frankfurter Basisstationen mit einer stationären Netzersatzanlage ausgerüstet. Um die Resilienz während der Spieltage in Frankfurt zu steigern, wurden darüber hinaus Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der AS Hessen vorgehalten, die im Bedarfsfall mit mobilen Netzersatzanlagen sofort zur Verfügung gestanden hätten.
Bei einem Komplettausfall wäre die Satellitenangebundene mobile Basisstation (Sat-mBS) zum Einsatz gekommen. Hier wurden rechtzeitig vorab mehrere mögliche Standorte ermittelt. Die Anforderung an den Standort bestand darin, dass sowohl das Stadion als auch die Fan-Zone gleichermaßen ausreichend versorgt sind. Letztlich wurde ein idealer Standort am Mainufer identifiziert, an den die Sat-mBS vor EM-Beginn verlegt und in den Zwischenbetrieb genommen wurde.
Einsatzbegleitung in eigener BAO
Neben diesen organisatorischen Vorbereitungen erfolgte die Einsatzbegleitung durch die AS Hessen im Rahmen einer eigenen Besonderen Aufbauorganisation (BAO). An Spieltagen in Frankfurt sowie zum Eröffnungsspiel in München übernahm ein eigener Stab die kontinuierliche Lagebewertung sowie die Sicherstellung der Kommunikation zur polizeilichen und nicht-polizeilichen Einsatzführung. Im Einsatzraum Frankfurt befanden sich neben den Kräften für die mBS und die Notstromversorgung auch der Funkmessdienst der AS Hessen zur Überwachung der Luftschnittstelle. Auch an Spieltagen außerhalb Hessens befanden sich die BAO-Kräfte durchgängig in Rufbereitschaft.
Die Auslastung der Verkehrskanäle bewegte sich stets im unkritischen Bereich. Lediglich an zwei Basisstationen in Frankfurt wurde kurzfristig als Vorsichtmaßnahme die Aktivierung eines dritten Organisationskanals veranlasst.
Dank der intensiven Vorbereitungen und zahlloser Überstunden konnte die AS Hessen schließlich auf einen durchweg positiven Einsatzverlauf zurückblicken, der wiederum viele wertvolle Erkenntnisse für künftige Einsätze geliefert hat.
Auffällige Werte an Basisstation – Hamburg findet den Fehler
Autoren: Jörn Gessel, Mirko Stoll, AS Hamburg
Nachdem die UEFA 2018 Deutschland als Ausrichter der UEFA EURO 2024 ankündigt hatte, wurden im Jahr 2022 die Spielstätten offiziell bekanntgegeben. Für die Autorisierte Stelle (AS) Hamburg bedeutete dies, dass neben Fanfesten und Public Viewings auch einige Spiele im Hamburger Volksparkstadion zu betreuen waren. Dabei ergab sich die besondere Herausforderung, das BOS-Digitalfunknetz trotz der Maßnahmen der laufenden Netzmodernisierung für die Anforderungen dieses Sportereignisses vorzubereiten.
Mit der Endrunden-Auslosung der UEFA EURO 2024 am 2. Dezember 2023 in der Elbphilharmonie konnten die Einsatzplanungen der Hamburger Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) konkretisiert werden. Dazu gehörte die Erstellung eines Rufgruppenkonzepts in Abstimmung mit der Autorisierten Stelle und unter Berücksichtigung der Vorgaben der BDBOS.
Auswertung der Basisstationen
Nach der Festlegung der Eventlocations im Frühjahr 2024 begann die AS Hamburg mit der genauen Auswertung der örtlich relevanten Basisstationen. Dabei wurde neben der Auslastung auch der Anteil möglicher Fremd- und Eigenstörungen untersucht. Bei der Überprüfung der verfügbaren Auslastungsdaten zu früheren Sport- und Großveranstaltungen im Hamburger Stadtgebiet wurden keine Auffälligkeiten festgestellt. Lediglich die für das Hamburger Volksparkstadion zuständige TETRA-Basisstation (TBS) wies bei einsatzintensiven Spielen teilweise eine Auslastung von 100 % mit Warteschlangenbetrieb auf, die allerdings von den Einsatzkräften als nicht einsatzeinschränkend wahrgenommen wurde. Um dennoch eine Kapazitätsreserve und somit eine ungestörte Funkkommunikation gewährleisten zu können, wurde die TBS für den Zeitraum der UEFA EURO 2024 um einen TETRA-Transmitter/-Receiver (TTRX) und somit von fünf auf sechs TTRX erweitert.
Anfang Mai 2024 wurden nach Rücksprache mit der AS Hamburg die relevanten TBS durch den Technischen Betrieb der BDBOS einem sog. PIM-Test unterzogen. So sollte sichergestellt werden, dass keine Fremd- und Eigenstörungen an den Basisstationen vorlagen. Im Rahmen dieser Tests fiel eine TBS durch abweichende Werte auf. Nachdem eigene Messungen an der Basisstation ein klares Störsignal erkennen ließen, wurde die Bundesnetzagentur (BNetzA) mit der Identifizierung der Störquelle beauftragt. Nach zwei Tagen konnte eine gestörte Objektfunkanlage als Ursache ermittelt werden, welche nach Anweisung der BNetzA abgeschaltet und anschließend vom Objekteigentümer repariert wurde.
Störungsfreier Betrieb dank guter Vorbereitungen
Um auch in eventuell auftretenden Krisensituationen handlungsfähig zu sein, verdoppelte die AS Hamburg ihre Rufbereitschaft für die Zeit der EURO 2024, sah aber von einer permanenten Besetzung des Leitstandes ab.
Während des Einsatzzeitraumes kam es zu keinen kritischen Einsatzlagen, die im direkten Zusammenhang mit der EURO 2024 standen. Auch eine polizeiliche ad hoc Lage (Schusswaffengebrauch durch Einsatzkräfte der Polizei nach Bedrohung mit Spitzhacke und Molotowcocktail) in räumlicher Nähe zum Fanfest, das auf dem Hamburger Heiligengeistfeld ausgerichtet wurde, hatte trotz des spontan hohen Kräfteansatzes keine negativen Auswirkungen auf den Digitalfunk BOS. Es kam auch dann nicht zu Beeinträchtigungen, als nach Einzug der türkischen Nationalmannschaft ins Viertelfinale große Fanbewegungen über das Stadtgebiet mit dem Schwerpunkt Innenstadt entstanden.
Dank der frühzeitigen Planungen unter Einbeziehung der verschiedenen BOS sowie der Erfahrungen aus zurückliegenden Großereignissen konnte in Hamburg ein reibungsloser Ablauf der EURO 2024 ermöglicht werden.
Niedersachsen unterstützt von der Ersatzbank aus
Autor: AS Niedersachsen
Die Europameisterschaft im eigenen Land: Das bedeutet nicht nur Spaß und Euphorie, Tore an lauen Sommerabenden in Stadien oder beim Besuch von großen Fanfesten. Es bedeutet vor allem eine sehr hohe Anforderung nicht nur an die bundesweiten Polizeieinsatzkräfte, sondern auch an die Einsatzkräfte weiterer Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) wie der Rettungsdienste, der Feuerwehr oder des Technischen Hilfswerks (THW). Was wäre da ein Einsatz ohne unser zuverlässigstes Kommunikationsmittel – den Digitalfunk BOS?
Wesentlicher Bestandteil jeder Einsatzbewältigung ist eine funktionierende Kommunikation!
Jeder kennt es: Bei Groß-veranstaltungen oder auch an Silvester wollen viele Menschen gleichzeitig ihr Handy benutzen, um jemanden zu kontaktieren. Die Funkmasten für die Mobilfunkversorgung sind für eine solche Maximalnutzung jedoch nicht ausgelegt. So ist es auch beim Digitalfunk BOS. Bei besonderen Einsatzlagen wie der Fußball-Europameisterschaft können die Funknetzzellen an ihre Kapazitätsgrenzen kommen, wenn eine Vielzahl von Einsatzkräften untereinander in verschiedenen Rufgruppen gleichzeitig kommuniziert. Eine mobile Basisstation zur Kapazitätserweiterung ist hier eine Lösung. Die Autorisierte Stelle (AS) Niedersachsen verfügt über mehrere solcher mobilen Basisstationen in verschiedensten Ausführungen, die insbesondere für temporäre Maßnahmen geeignet sind.
Sat-mBS für Nordrhein-Westfalen
Die AS NRW hatte in Vorbereitung auf das Sportereignis erkannt, dass an den Spielorten in Dortmund und Köln die Funknetzkapazitäten erweitert werden müssen. Nach einer Abfrage an die Bundesländer wurde entschieden, dass das Land Niedersachsen verfügbare Basisstationen an NRW liefert, um den dortigen fehlenden Bedarf abzudecken. In den Abstimmungsgesprächen wurde deutlich, dass für eine Antennenanlage zusätzlich ein Mastsystem benötigt wurde. Da die Polizei in Niedersachsen bundesweit ein Alleinstellungsmerkmal beim Bestand an mobilen Mastsystemen hat, wurde ein 25m-Mastanhänger für eine Digitalfunkantenne für den Standort Dortmund Hauptbahnhof mitgeliefert.
Die AS Niedersachsen freut sich, dass sie zur Bewältigung des Großereignisses beitragen konnte, auch wenn in Niedersachsen selbst keine Fußballspiele ausgetragen wurden. Die zur Verfügung gestellten mobilen Basisstationen sind als sogenannte Acht-Trägerstationen ausgebaut und können dadurch gleichzeitig bis zu 30 Rufgruppen bedienen. Durch Konfiguration der Parameter lassen sich diese mobilen Basisstationen deutschlandweit einsetzen.
Immer erreichbar und einsatzfähig – die BAO der BDBOS
Autorin: Stefanie Heinrich, BDBOS
Um während der Fußball-Europameisterschaft die Sicherheit der vielen Großveranstaltungen bundesweit zu gewährleisten, musste die Kommunikation der Einsatzkräfte zu jeder Zeit sichergestellt sein. Der enormen Verantwortung, die hier nicht nur der BDBOS, sondern auch der ALDB, den Autorisierten Stellen (AS) des Bundes und der Länder sowie den Dienstleistern (STRABAG, Airbus usw.) zukam, wurde auch in der BDBOS durch die Bildung einer Besonderen Aufbauorganisation (BAO) – bestehend aus Fachbereichen der BDBOS, der ALDB und punktuell auch den teilnehmenden Autorisierten Stellen – Rechnung getragen.
Gute Vorbereitung als Schlüssel zum Erfolg
Die Vorbereitungen begannen bereits im März 2023: Wöchentliche Telefonkonferenzen mit den an der Europameisterschaft beteiligten AS der Länder wurden genutzt, um die Bedarfe wie z. B. den Einsatz mobiler Basisstationen oder Parameteranpassungen im Funknetz rechtzeitig zu planen, die Vorbereitungsmaßnahmen zu analysieren, die Maßnahmen durchzuführen und die Durchführungen nachzuhalten. Es mussten Objektfunkanlagen insbesondere an Bahnhöfen geprüft und teilweise beschleunigt, ertüchtigt oder Interimslösungen implementiert werden.
Für spezielle Einsatzbereiche wurden beim Infrastrukturdienstleister NOKIA verkürzte Instandsetzungszeiten beauftragt und deren Umsetzung in Übungen geprüft - tatsächlich konnte NOKIA in einer dieser Testszenarien einen Techniker in Rekordzeit an einen vulnerablen Standort bringen. Überhaupt haben alle Dienstleister persönliche Ansprechpersonen zur Verfügung gestellt, die an täglichen Lagebesprechungen teilnahmen – so konnten kurze Kommunikationswege für den Bedarfsfall sichergestellt werden.
Für die Laufzeit der EM wurde ein sogenannter „Network Freeze“ verhängt – Arbeiten am BOS-Digitalfunknetz konnten demzufolge nur dann durchgeführt werden, wenn sie den Betrieb nicht beeinträchtigten und dringend notwendig waren, um bspw. die Netzmodernisierung nicht zu verlangsamen.
Die BAO selbst wurde personell so aufgestellt, dass aus allen operativ relevanten Referaten der BDBOS sowie aus dem Leitungsstab immer mindestens eine Person zugegen war, um aussagefähig zu sein und Aufträge entgegenzunehmen. Im Vorfeld wurden Rufbereitschaften und ggf. Mehrarbeiten mit Personalreferat und Personalrat abgestimmt.
Tägliche Austausche zu Lagebildern
Am 14. Juni 2024, mit Beginn der Europameisterschaft, fand die erste Sitzung der BAO unter Federführung der Betriebsaufsicht der BDBOS statt. Um einen Überblick über die gesamte EM-Lage zu erhalten, wurde täglich das Lagebild des Bundeskriminalamtes (BKA) eingeholt und dieses um Informationen aus dem Netzbetrieb, dem meteorologischen Bereich sowie aus der Medienlandschaft angereichert. Zweimal täglich kam die BAO zusammen, um sich dem Lagevortrag folgend über Status und Maßnahmen an Netz und Komponenten abzustimmen. Auch konnten in diversen Sitzungen Unklarheiten ausgeräumt und notwendige Expertisen eingeholt werden. Teilweise waren auch Vertreterinnen und Vertreter der Dienstleister eingeladen, um punktuelle Maßnahmen zu besprechen.
Die Betriebsaufsicht der BDBOS stellte sich für die Lagebewältigung mit einem A- und einem B-Team auf, um eine 24/7 Erreichbarkeit und Einsatzfähigkeit zu gewährleisten. Eine extra eingerichtete Hotline stand ausschließlich für Angelegenheiten der EM zur Verfügung. Zur Begleitung identifizierter Risikospiele (sogenannter „Rotspiele“) wurde Mehrarbeit angeordnet. Einzelne Risikospiele konnten im Verlauf der Meisterschaft seitens der zuständigen Behörden in der Gefährdung neu bewertet und heruntergestuft werden, denn die UEFA EURO 2024 der Herren verlief durchgehend ruhig – nicht nur aus polizeilicher Gesamtsicht, insbesondere auch aus Sicht des Netzbetriebes.
Schnelle Reaktion auf Kapazitätsengpässe
Einige Störungen und Auslastungshürden gab es über den Zeitraum punktuell dennoch zu bewältigen. So verursachte eine polizeiliche Maßnahme aufgrund einer Auseinandersetzung zwischen rivalisierenden Fangruppen im Bereich Gelsenkirchen am dritten Spieltag Netzauslastungen bis zu 100 %, einhergehend mit einem Warteschlangenbetrieb, der Nutzerbeschwerden zur Folge hatte.
Die Nachlaufzeiten der Einzelgespräche wurden daraufhin reduziert, damit nach Beenden eines Funkspruches Vermittlungskapazitäten schneller wieder zur Verfügung stehen. Angedacht waren auch Leistungserhöhungen benachbarter Funkzellen, jedoch beruhigte sich die Lage vor Ort wieder, sodass die Auslastungswerte wieder in den normalen Bereich zurückkehrten. Dennoch wurde der Bereich Gelsenkirchen Nord infolgedessen innerhalb weniger Stunden aufgerüstet: Die AS NRW hatte eine TTRX-Erweiterung der betroffenen TBS beantragt, die nach Zustimmung durch die Betriebsaufsicht der BDBOS unmittelbar umgesetzt wurde.
Aufgrund höherer Auslastungen wurden an einzelnen Spielstandorten an bestimmten Tagen auch sogenannte Nebenorganisationskanäle hinzugeschaltet, um die Signalisierungskapazitäten zu erhöhen (siehe Infobox). Auch wenn solche Maßnahmen im Bereich der Betriebsaufsicht zur Routine gehören, sind sie im Kontext der Gesamtlage doch eine Besonderheit, denn anfängliche Kapazitätsengpässe können sich schnell zuspitzen, wenn z. B. Einsätze der nicht-polizeilichen Gefahrenabwehr – also Feuerwehren, Rettungsdienste etc. – zu den bereits bestehenden Einsätzen hinzukommen.
Auch Unwetter gehören zu den Risiken eines Netzbetriebes, gerade beim Digitalfunk BOS. So können schwere Wolkendecken beispielsweise den Betrieb satellitengestützter mobiler Basisstationen beeinträchtigen, da die Satellitenverbindung nicht stabil aufrechterhalten werden kann. Auch starke Regenfälle können das Netz belasten. Die EM lief jedoch trotz Unwetter mit Starkregen und Gewitter, wie z.B. während eines Spiels in Dortmund, weitestgehend störungsfrei. Lediglich aus Baden-Württemberg gab es am 26. Juni Meldungen über leichte Beeinträchtigungen.
Softwareupdate für TB4
Da Niedersachsen zu den Pilotländern für die Netzmodernisierung gehört, ist hier bereits die neue IP-gebundene TETRA-Basisstation vom Typ 4 (TB4) im Einsatz. Das Umschalten von der bisherigen E1-angebundenen TB3-Variante auf die TB4 war in der Vergangenheit erfolgreich verlaufen. Während der EM jedoch meldeten diverse neue TB4-Stationen Alarme, die zunächst nicht zugeordnet werden konnten. Ein Restart der betroffenen TBS konnte das Problem anfänglich lösen, später jedoch traten die Alarme immer wieder auf. Airbus als Systemtechniklieferantin bescheinigte der BDBOS, dass diese Alarme nicht einsatzkritisch seien, die Übertragungstechnik nicht betroffen sei und die Alarme daher herunterpriorisiert werden können. Im Nachgang der UEFA EURO 2024 wurden diese „schlafenden“ Alarme mit einem Softwareupdate behoben. Nebenorganisationskanäle (SCCH)
Nebenorganisationskanäle (SCCH) sind wie der Hauptorganisationskanal (MCCH) für die Übertragung von Signalisierungsinformationen zuständig. Bis zu drei SCCH können pro Funkzelle zusätzlich eingerichtet werden, um den MCCH zu entlasten, falls es zu Kapazitätsengpässen kommt. Diese können durch erhöhtes Kommunikationsaufkommen oder eine sehr hohe Anzahl an eingebuchten Endgeräten in einer Zelle entstehen.
Manöverkritik: Top Leistung!
Autor: BDBOS
Der Digitalfunk BOS hat sich bei der UEFA Fußball-Europameisterschaft 2024 nicht nur nach Einschätzung der Länder, sondern auch aus Sicht der BDBOS einmal mehr als unverzichtbares Kommunikationsmittel für die Bewältigung solcher Großeinsatzlagen erwiesen. Dank der stabilen Funkversorgung konnten die Einsatzkräfte der verschiedenen BOS in den Stadien, auf den Fanmeilen, im Bereich der Bahnhöfe und bei allen weiteren Hotspots zuverlässig und organisationsübergreifend miteinander kommunizieren. Der Digitalfunk BOS hat somit entscheidend dazu beigetragen, dass das Sicherheitskonzept auf höchstem Niveau umgesetzt und für die Spieler, die Zuschauerinnen und Zuschauer und alle anderen Beteiligten eine erfolgreiche EM gewährleistet werden konnte.
Netzprobleme wurden kooperativ und zügig adressiert und entschärft, die Zusammenarbeit mit den Autorisierten Stellen der Länder sowie den weiteren Bundesbehörden verlief beispielhaft. Auch die Dienstleister der BDBOS haben gut reagiert und waren verlässliche Partner bei dieser langen und großen Lage. Die BDBOS bedankt sich ausdrücklich bei allen Beteiligten für ihren engagierten Einsatz und die zuverlässige Zusammenarbeit!
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