In welcher Krisensituation hat der Digitalfunk BOS schonmal einen entscheidenden Unterschied gemacht?
Dr. Andreas Riemann: Wir hatten dieses Jahr Starkregen in Baden-Württemberg. Dort sind das Internet und der Mobilfunk immer wieder weggebrochen. Die Idee „wir können doch anstelle des teuren Digitalfunks die günstigen Handys nehmen, die haben wir ja schon“ funktioniert in Krisensituationen eben nicht ausfallsicher. Dank des Digitalfunks, der stabil funktioniert hat, konnten die Einsatzkräfte koordiniert und an in Not befindliche Mitmenschen herangeführt werden. Ein weniger dramatisches Beispiel: die Fußball-EM, wo die Polizei mit Hilfe des Digitalfunks ihre Kräfte leicht verlegen konnten, und so Spannungen und mögliche Konflikte niederschwellig aufgelöst werden konnten.
Welche Chancen bietet die Arbeit im Bereich Digitalfunk bei der BDBOS?
Riemann: Jetzt gerade ist ein super Zeitpunkt, um bei uns einzusteigen und die nächste Generation der Kommunikation für die Blaulichtorganisationen mitzuplanen. Momentan nutzen wir eine Technologie, die schon etwas betagter ist, aber wir sind jetzt aktiv dabei, auf Breitband umsteigen. Das ist viel Pionierarbeit den haushaltsüblichen 5G Mobilfunk auf die Anforderungen für die Blaulichtorganisationen umzubauen – das fängt zum Beispiel mit einem vermeintlich einfachen Gruppenanruf an hunderte von Teilnehmern gleichzeitig an, geht mit geeigneten Endgeräten weiter und einer Funkabdeckung, die dem TETRA nicht nachsteht. Dafür müssen wir natürlich die Nutzerinnen und Nutzer, die Gesellschaft und die Politik entsprechend abholen. Im Behördenumfeld muss man immer auch an die aktuellen finanziellen Einschränkungen denken – das sorgt für Verzögerungen. Aber jetzt ist der Zeitpunkt, um bei uns in der Konzeption die Zukunft mitzugestalten.
Wie sieht der typische Entwicklungsprozess für ein neues Digitalfunk-Feature aus?
Riemann: Wenn beispielsweise die Polizei in Mecklenburg-Vorpommern ein neues Feature braucht, kommt von dort die sogenannte Autorisierte Stelle Digitalfunk auf die BDBOS zu und formuliert, was benötigt wird. Wir stellen Fragen, prüfen im Rahmen eines Vorprojektes die Möglichkeiten, um das Ziel zu erreichen. Dieses wird bei uns im Haus geprüft und den anderen Ländern vorgestellt, denn es steht immer auch die Frage der – möglicherweise gemeinsamen – Nutzung oder Finanzierung im Raum. Nach der strategischen Entwicklung wird das Projektkonzept erstellt und mit dem ausgewählten Lieferanten abgestimmt. Meistens sind es ja Softwareprodukte, die verschiedene Freigaben und Rückkopplungsschleifen mit dem Kunden durchlaufen. Dann kommt das neue Feature ins Netz und wird den Nutzern zur Verfügung gestellt.
Welches Projekt würden Sie sofort umsetzen, wenn Sie unbegrenzte Ressourcen hätten? Und wie lange würde die Umsetzung dann dauern?
Riemann: Das Thema Migration auf die Zukunftstechnologie „breitbandige Dienste“. Wenn ich das Wort „unbegrenzt“ unterstreiche, können wir das in fünf bis zehn Jahren umgesetzt haben. Wir bräuchten ein geeignetes Funknetz, geeignete Endgeräte und eine mit allen abgestimmte Nutzung der neuen Möglichkeiten. 1,1 Millionen Nutzerinnen und Nutzer müssen gewonnen werden, neue Geräte in ihre Einsatztaktik einzubauen und lernen die neuen Möglichkeiten zu nutzen. Die Haushaltsplanung für die Umrüstung muss weit vorausgeplant werden, ebenso wie die Umrüstung selbst. Fahrzeuge müssen umgebaut werden – aber ich kann ja einer Feuerwehr nicht einfach den Drehleiterwagen für sechs Wochen wegnehmen, weil er umgebaut werden muss. Mit unbegrenztem Budget und Fachkräften könnten wir schon viel bewegen, aber es ist sehr komplex, deswegen würde es trotzdem länger dauern.
Welche Berufe suchen Sie in Ihrer Abteilung, in Ihrem Haus aktuell besonders dringend?
Riemann: Die allgemeine Antwort: Alle. In meiner Abteilung speziell: Menschen, die sich mit IT-Sicherheit befassen. Menschen, die sich mit Breitband befassen oder Interesse dafür entwickeln können. Wir suchen Mitarbeitende für die Qualitätssicherung. Und auch Bauingenieurinnen und Bauingenieure, weil Gebäude angepasst und mit Service versorgt werden müssen. Das Breitbandnetz muss neu konzipiert aufgestellt werden. Wir haben spannende Stellen für viele Tätigkeiten und freuen uns auf jede Bewerberin und jeden Bewerber.
Welche Ratschläge geben Sie jungen Fachkräften, die eine Karriere in Ihrer Abteilung anstreben?
Riemann: Aus meiner Erfahrung und von dem, was ich höre: „Trau dich!“ Viele Menschen differenzieren nicht zwischen den Muss-Anforderungen und den Kann-Anforderungen in unseren Stellenausschreibungen. Das ist aber wichtig – damit sie es nicht gleich ganz lassen, wenn sie vielleicht nicht alle Häkchen setzen können. Ich freue mich über jede Bewerbung, bei uns wird jede Bewerbung geprüft. Das ist das Schöne in der Behörde: Habe ich die Muss-Anforderungen erfüllt, geht es weiter im Prozess. Also: „Trau dich!“ ist der beste Ratschlag, um bei uns einzusteigen.
Dr. Andreas Riemann ist seit September 2021 bei der BDBOS und leitet die Abteilung Konzeption und Entwicklung für den Digitalfunk BOS. Das vollständige Interview lesen Sie im Karriereblog des Karriereportals des Bundes.
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